Das Potential der Spiralstimmung
Die Spirale | → Seitenanfang |
Demgegenüber findet man bei der weitverbreitetsten Tonanordnung, der ↓ Richterstimmung sowohl Tondopplungen als auch Unterbrechungen der Tonleiter.
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1. Die Aufteilung einer Dur- bzw. Moll-Tonleiter auf den Wechsel von Blasen und Ziehen ergibt den genialen Effekt, dass alle tonleitereigenen Akkorde spielbar werden.
Im Beispiel: C, C6, C7+, Dm, Dm7, Em, Em7, F, F6, F7+, G, G6, G7, Am, Am7, Hdim
Spiralstimmung D dorisch | ||||||||||
Kanal | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Blastöne | c | e | g | h | d | f | a | c | e | g |
Ziehtöne | d | f | a | c | e | g | h | d | f | a |
2. Es entstehen für jede Skala zwei verschiedene Spielmuster oder Pattern, die sich von Oktave zu Oktave abwechseln. Hier am Beispiel der mollpentatonischen Skala:
Kanal | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Blastöne | 7 | 2 | 4 | 6 | 1 | 3 | 5 | 7 | 2 | 4 |
Ziehtöne | 1 | 3 | 5 | 7 | 2 | 4 | 6 | 1 | 3 | 5 |
Pattern I | Pattern II | Pattern I |
Die Richterstimmung | → Seitenanfang |
Richterstimmung | ||||||||||
Kanal | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Blastöne | c | e | g | c | e | g | c | e | g | c |
Ziehtöne | d | g | h | d | f | a | h | d | f | a |
Allerdings kann man durch die Kompensation dieses Handicaps den anfänglichen Nachteil in einen reizvollen Vorteil verkehren – insbesondere die erforderlichen Bendingtechniken haben ihren ganz eigenen klanglichen Reiz, der vielfach als unverwechselbares Charakteristikum der Blues-Harp gilt.
Nicht auzugleichen ist dagegen das nur beschränkt mögliche Akkordspiel:
C, G, Hdim, Dm
Sehr gewöhnungsbedürftig ist ebenfalls, das sich für ein und dieselbe Skala in jeder Oktave völlig unterschiedliche Spielmuster ergeben.
Bei der Solo-Stimmung erreicht man durch eine Tonverdopplung, dass die Töne innerhalb jedes Oktavsystems die gleiche Position behalten.
Die Solostimmung | → Seitenanfang |
Solostimmung | ||||||||||
Kanal | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Blastöne | c | e | g | c | c | e | g | c | c | e |
Ziehtöne | d | f | a | h | d | f | a | h | d | f |
C, Dm, Hdim
Historischer Hintergrund zur Spiralstimmung von → Pat Missin | → Seitenanfang |
Der exzellente Harmonikaspieler Pat Missin hat eine sehr informative → Website, die alle möglichen Aspekte der Mundharmonika behandelt. Pat gab mir auch Hintergrundinformationen zur Entstehungsgeschichte der Spiralstimmung:
Ich bin mir sicher, dass viele Leute unabhängig von einander auf die Spiralstimmung gekommen sind. Tatsächlich habe ich in vielen Leserbriefen und Online-Foren immer wieder die Frage gelesen, weshalb die Blas- und Ziehfolge in der Standardstimmung wechselt, und weshalb man nicht einfach das Prinzip anwendet, das wir Spiralstimmung nennen.
Allerdings ist die erste Person von der ich weiß, dass sie in der Tat Mundharmonikas in dieser Stimmung anfertigte, Mike Photis aus London. Er veröffentlichte seine Ideen im Harmonica World-Magazin in den späten 1980ern und inspirierte mehrere Leute, seine Idee auszuprobieren. Ich korrespondierte mit ihm einige Zeit und regte ein paar Variationen des Grundprinzips an.
Magic Dicks → Patent (US Patent 5166461) von 1992 zeigt das grundsätzliche Spiral-Layout in Figur 33 und Variationen desselben in den Figuren 34 und 35.
Einige Jahre später bekam Laurenz Wiskott das deutsche Patent 9404910U, das ebenfalls das grundsätzliche Spiral-Layout beinhaltet. Natürlich sind beide Patente ungültig durch die vorhergehende Veröffentlichung der Idee im Harmonica World-Magazin.
Bending-Möglichkeiten der Spiralharmonica von → Michael Rubin | → Seitenanfang |
Wir diskutierten es per eMail. Heiner sagte, dass er keine Bends und Overblows verwendete, und ihm die Spiralstimmung bei dieser Spielweise entgegenkäme. Ich schlug vor, es für ihn auszuprobieren und meine Ergebnisse zu veröffentlichen.
Die Harp, die ich testete, ist eine Seydel Blues Favorite "Zirkular D", die Heiner als E-Moll-Harp auffasst.
Die Harp basiert wohl auf der mixolydischen Skala, was sie eignet für Blues in D- und E-Moll sowie D- und E-Blues, Fis phrygisch mit verminderter Quinte, G-Dur, A dorisch (gut für A-Blues und -Moll), H lokrisch und C lydisch - alles ohne Bends.
Stilistisch halte ich Fis phrygisch mit verminderter Quinte, H lokrisch und C lydisch je allein für einigermaßen nutzlos, aber im Rahmen eines Akkordwechsels in einem jazzigen Song mögen sie vorkommen.
Daher bleibt der D-Mix (D-Blues), E-Moll und -Blues, G-Dur und A dorisch, um mit wenig Kenntnis des Harp-Layouts direkt aus der Schachtel auf der Harp zu spielen. Ich spiele in diesen Tonarten nach Gefühl und Gehör ohne Mühe und mit intuitivem Verständnis. Ich verwende keine Bends und Overblows, während ich in diesen Tonarten jamme, obwohl Bends und Overblows coole Zufälligkeiten hinzufügen können. Ich habe eine halbe Stunde mit dem Radio mitgespielt und etliche Songs waren einfach, wärend andere einiges Mitdenken erforderten.
Direkt aus der Schachtel bekomme ich in den Kanälen 1 und 2 keine Overblows, 3 überbläst, aber ergibt denselben Ton wie 4 blasen, Kanal 4 ergibt mühelos ein praktisches Es, das sich nirgends in der Oktave wiederholt. Kanal 5 überbäst eine Wiederholung von Kanal 6 blasen. Kanal 6 blasen überbläst ein B, das praktisch ist, aber in der Tonhöhe zu tief blieb. Von der Special 20, meinem Haupt-Overblow-Werkzeug, kenne ich dieses Prolem nicht.
Bei der Richterstimmung sind die Blastöne in den Kanälen 1-6 tiefer als die Ziehtöne. Deshalb sitzen die Bends auf den Ziehtönen und die Overblows auf den Blastönen. In den Kanälen 7-10 verkehrt sich dies, die Bends sitzen auf den Blastönen, die Overblows werden Overdraws. Bei der Spiralstimmung bleiben auch in den Kanälen 7-10 die Blastöne tiefer als die Ziehtöne,d.h. die Bends bleiben auf den Ziehtönen und die Overblows auf den Blastönen.
Kanal 7 überbläst (kein Overdraw wie bei Standard Harps) zu einem Cis, dessen genaue Intonation aber viel Übung erfordert. Kanal 8 überbläst zu einem F - allerdings mußte ich hierfür meinem Pucker-Ansatz umstellen, indem ich die Zungenspitze so unter die Kanalöffnung legte, dass die Hälfte abgedeckt war. Dies ist eine Technik, die ich viel verwende, um hohe Töne zu spielen. Das F ist quiekig und in der Intonation schwierig.
Kanal 9 blasen überbläst zu einem Gis, ebenfalls quiekig, aber einfach auf Tonhöhe zu bringen. Kanal 10 blasen überbläst zu einem C und ist schwierig zu intonieren.
In den Kanälen 2, 7 und 9 liegen Halbtonschritte zwischen Blasen und Ziehen, weshalb hier kein Bending erforderlich ist es sei denn zur tonalen Färbung - wie in den Kanälen 5 und 7 bei der Richterstimmung.
In allen anderen Kanälen liegen die Ziehtöne einen Ganzton über den Blastönen und lassen jeweils einen Halbtonbend zu. Die Bends reagieren sensibel und sind daher leicht zu intonieren.
So sieht die Übersicht aus:
Overblows | f | g# | c | d# | g | a# | c# | f | g# | c |
↑ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ | |
Blastöne | d | f# | a | c | e | g | h | d | f# | a |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | |
Ziehtöne | e | g | h | d | f# | a | c | e | g | h |
↓ | ↓ | ↓ | ↓ | ↓ | ↓ | |||||
Bends | d# | a# | c# | f | g# | d# |
Da die Kanäle 1 und 2 direkt aus der Schachtel keine Overblows zuließen, nehme ich dort nur an, dass die Töne korrekt sind.
Die Spiralharmonica ist voll chromatisch spielbar, mit jeweils einem Halbtonbend anstelle mehrfacher Bending-Möglichkeiten der Richterstimmung. Zu lernen sind hier nur zwei Oktav-Layouts gegenüber dreien bei der Richterstimmung. Einfach zu spielen sind die Akkorde D, D7, D9, D11, D13 (mit großem Mund), Fis diminished, Fis half diminished (Fis-Moll 7 mit verminderter Quinte), A-Moll, A-Moll 7, C-Dur, C maj 7, E-Moll, E-Moll 7, G, G maj 7, H-Moll, H-Moll 7.
Also eine Menge Akkorde.
Ich werde eine Woche damit herumspielen und dann einen weiteren Bericht erstatten.
Michael Rubin
1 Genau genommen handelt es sich also bei der Spiralstimmung nicht um eine Stimmung, sondern um ein Prinzip der Tonanordnung.